Wer bin ich und was treibt mich so um?

Mein eigentlicher Name ist Sabine, doch seit über 40 Jahren werde ich im Freundeskreis Nina genannt – frei nach Nina Hagen. Ich bin Jahrgang 1964 und seit 30 Jahren verheiratet – gemeinsame Kinder haben wir nicht.

 

Eigentlich waren wir glücklich und zufrieden mit unserem Leben

Vor einem Jahr hätten Hansi – mein Mann – und ich gesagt: Uns geht es gut. Wir hatten beide einen mehr oder weniger guten und vor allem sicheren Job. Beide haben wir gut verdient und wir mussten nicht aufs Geld schauen.
Hansi ist seit ich ihn kenne – und noch viel länger – bei der Stuttgarter Strassenbahn als Weichenschlosser tätig – ein Knochenjob. Ich bin – nein war – seit über 15 Jahren bei einer Schweizer Softwarefirma als „Mädchen für alles“ – auch Management Assistant genannt – beschäftigt. MIr hat die Schweizer Kultur sehr gut gefallen und ich habe mich dort auch immer wohlgefühlt. Zumindest damals noch.

Nach vielen Jahren in unserer „Studentenbude“ haben wir letztes Jahr eine schöne kleine Wohnung gefunden mit einer tollen Dachterrasse und Blick auf Stuttgart. Endlich im Sommer raussitzen und grillen können – das hatten wir vorher nicht. Wir waren glücklich damit.

 

Vor Corona sind wir viel gereist – vor allem in den Westen der USA und in Afrika nach Namibia und Botswana. Weitere tolle Reisen – nochmal in die USA, mit der Transsibirischen Eisanbahn und nach Südafrika – waren geplant. Dann kam Corona………

Aus einer „Laune“ heraus, haben wir uns dann 2020 einen Camper gekauft – einen Kastenwagen – unseren Amigo. Damit sind wir nun seit 5 Jahren unterwegs – vor allem in Frankreich, Italien und auch Spanien. Am Wochenende einfach ganz spontan losfahren ist einfach unbezahlbar.

Dieses Leben haben wir genossen, auch wenn es manchmal etwas „eingefahren“ und „ruhig“ war.

 

Das war aber nicht immer so - es war nicht immer leicht

Vielleicht waren wir aber auch so zufrieden, weil es schon ganz andere Zeiten in unserem Leben gab.

Sowohl Hansi als auch ich hatten eine „bewegte“ Jugend hinter uns. Wir haben wohl nichts ausgelassen, haben viel Mist gebaut und im Prinzip wissen wir heute, dass wir ganz schön Glück hatten, nicht auf die schiefe Bahn geraten zu sein.

Hansi hat sich irgendwann „berappelt“, ist bei der Strassenbahn gelandet – im Öffentlichen Dienst. Dort ist er heute noch tätig.

Bei mir war es etwas „bewegter“: Ich bin mit 16 ohne Abschluss von der Schule gegangen (worden) und habe aus der Not heraus eine Ausbildung zur Verkäuferin begonnen und auch abgeschlossen. Sobald ich Volljährig war, ging es dann als Au-pair Mädchen nach Paris.

Wieder zurück war mir klar, dass ich jetzt irgendwas machen, ändern muss. Aber was? Verkäuferin war jetzt nicht das, was ich mir für die Zukunft vorgestellt habe. Was ich machen wollte, wusste ich nicht. Aber was ich alles nicht machen wollte, wusste ich ganz genau. Und der Weg dorthin führt über Bildung. Also habe ich wieder die Schulbank gedrückt. Zuerst einmal die Mittlere Reife nachgemacht – nebenher immer gearbeitet (Gastronomie, Call Center, Putzjobs, das übliche halt). Und es hat mir sogar Spass gemacht – die Schule – der Notenschnitt war für die Umstände mehr wie in Ordnung.

Dann also auf dem Zweiten Bildungsweg weitergemacht fürs Abitur. Um den Lebensinhalt zu bestreiten, habe ich wieder alle möglichen und unmöglichen Aushilfsjob gemacht. Das Lernen ist mir immer noch leicht gefallen und im Grossen und Ganzen hatte ich auch Spass daran.

Ein Traum zerplatzt

Inzwischen wusste ich auch, was ich machen will. In die Informatik sollte es gehen. In den 80er Jahren war die Zeit von Apple, Commodore & Atari. Das war mein Ding: Ich habe unter anderem ein „Französisch-Verben-Lernprogramm“ programmiert und ein Programm für "Kurvendiskussionen". Und die ersten Dualen Studiengänge wurden eingerichtet. Das wollte ich machen – und es musste natürlich IBM sein.
Tatsächlich habe ich die Aufnahmeprüfungen geschafft und konnte nach dem Abitur dort mein Studium beginnen. Stolz wie Bolle war ich damals. Stolz, was ich alles geschafft habe.
Um die Zeit z wischen Abitur und Studiumsbeginn zu überbrücken, bin ich als GO – gentil organisateur oder auch Animateurin – zu Club Med gegangen. Kann man mal machen – muss man nicht – ist aber eine Erfahrung wert.

Und dann ging es endlich los mit dem Studium – zusammen mit etwa 20 anderen Jugendlichen. Vier Frauen waren wir. Tja, was soll ich sagen? Irgendwie hat das alles nicht gepasst.
Meine Mit-Studenten waren ja alle viel viel jünger wie ich, die meisten sind das erste Mal von zu Hause weg und hatten einfach einen ganz anderen Background wie ich, so gut wie keine Lebenserfahrung. Mit den Mitstudenten bin ich also nicht so ganz klar gekommen – Schade.
Und dann waren da noch die technischen Fächer: Ich war fit in Mathe – kein Problem – Programmiersprachen war jetzt auch nicht die Herausforderung, aber die ganze Physik, Elektro- und Digitaltechnik gingen gar nicht. Ja, der Studiengang hiess „Technische Informatik“. Da wurden oftmals Grundlagen in diesen Fächern – vorausgesetzt, die ich einfach nicht hatte. Ich bin dann nicht mehr hinterhergekommen und war in diesen Fächer total „lost“.
Was ich auch noch gemerkt habe: Ich bin kein Mensch für grosse Organisationen. Alles organisiert, alles stukturiert, alles vorgegeben, Prozesse, die schon immer so waren, das alles ist ein Graus für mich.
Das End vom Lied: Ich habe nach etwa 6 Monaten gekündigt. Ich konnte und wollte nicht mehr. Ein Traum ist zerplatzt.

 

 

Wieder zurück auf „Los“

Jetzt war ich also auch nicht arg viel weiter wie vorher. Was soll ich nun tun? Tja, erst einmal Geld verdienen und Wunden lecken. Recht schnell habe ich einen ersten Job bekommen: Als Kommissioniererin bei Daimler im Drucksachenzentrallager und dann – es war kurz nach der „Wende“ – als Daty (=Datentyypistin) bei der Postbank über eine Zeitarbeitsfirma. Die ganzen Überweisungsbelege von Otto, Neckermann & Co mussten von Hand eingegeben werden. Im Osten gab es viel Nachzuholen, wenn es um Konsum ging.

Es geht immer weiter

Inzwischen waren Hansi und ich ein Paar. Eine Freundin hat beim Funk (damals noch SDR) in der Nachrichtenredation gearbeitet. Die haben immer wieder Sekretärinnen gesucht, meist über Zeitarbeit. Sie hat sich dann in ihrer Abteilung dafür eingesetzt, dass man mich über die Zeitarbeitsfirma anfrage. Schreibmaschinenkenntnisse hatte ich bis dahin nicht. Ich musste aber einen „Test“ bestehen. Also habe ich mir ein „Schreibmaschinenlernbuch“ gekauft und tagelang geübt. Ich habe bestanden und war nun im Funk in der Nachrichtenredaktion. Die Arbeit hat mir mega Spass gemacht: Die Kollegen, das Umfeld, die Arbeitszeiten, alles hat gepasst. Irgendwann habe ich dort dann auch einen festen Arbeitsvertrag angeboten  bekommen. Klar, habe ich da nicht "nein" gesagt.

Ich wollte es nochmals wissen

Nach ein oder zwei Jahren wollte ich es aber nochmals wissen, wollte noch was anderes machen. Wirtschaftswissenschaften in Hohenheim war mein Ziel. Den numerus clausus schaffte ich locker und ich konnte den Funk davon überzeugen, mich als studentische Hilfskraft, als Producerin, einzustellen. Dazu musste ich aber lernen, Bänder zu schneiden – unter Zeitdruck. Abends nach der Arbeit oder am Wochenende bin ich dann wieder in den Funk gegangen und habe mir das Schneiden der Bänder – damals war noch alles auf Tonband – beigebracht. Bezahlt wurde ich nach Einsatz. Urlaub oder Krank sein konnte ich mir nicht leisten. Meinen festen Job musste ich dafür natürlich kündigen.

Am Anfang war ich für 2 Dienste frühmorgens (5 – 8 Uhr) eingeplant. Danach ging es dann an die Uni. Nebenher habe ich dann bei Kollegen noch geputzt. Doch dann kamen immer mehr Dienste und Redaktionen dazu – bis ich bei etwa 30 Stunden/Woche war. Das Studium ging nebenher durch Unterstützung in Form von verlässlichen Mitschrieben einer ganz lieben Kommilitonin – eine Art von Fernstudium. Eine kleine Anekdote am Rande: Meinen Matheprof habe ich das erste Mal im Funk getroffen, als er zu irgendeinem Mathethema – Nobelpreis? – zu einem Gespräch eingeladen wurde.

Inzwischen habe ich mir in verschiedenen Redaktionen einen Namen gemacht und es war mehr oder weniger abgemacht, dass ich nach Beendigung des Studium beim Funk als Redakteurin in Ausbildung beginnen werde. Normalerweise ist dafür ein Studium an einer Journalistenschule nötig. Nur für besonders langjährige und engagierte Mitarbeiter gibt es das Angebot diese einjährige Ausbildung zu machen. Danach sollte ich dann in zwei oder frei Redaktionen arbeiten.

Und die Digitalisierung hat dann auch im Funk Einzug gehalten. Es wurden immer mehr Bänder digital geschnitten. Ich war mit die erste, die geschult wurde und da ich zwischen den Sendungen je nach Nachrichtenlage viel Leerlauf hatte, habe ich eine Anleitung zum Programm geschrieben. Diese Anleitung wurde dann jahrelang genutzt.

Das darf doch nicht wahr sein……

Dann – ich war gerade mit dem Vordiplom fertig – kam völlig überraschend die Meldung, dass der SDR und der SWF zum heutigen SWR fusionieren werden. Aus zwei mach eins. Plötzlich waren viele Stellen doppelt besetzt, Redaktionen wurden zusammengelegt, Stellen gestrichen. Und AUS war der Traum nach dem Studium die Ausbildung zur Redakteurin zu machen. Das darf doch nicht wahr sein.

 

 

Und nun?

Zum Glück konnte ich im Hauptstudium noch schnell ein paar Fächer wechseln – ich hatte mich da in einige „Orchideenfächer“ eingeschrieben, die als Redakteurin interessant sind, aber nicht wirklich zum Geldverdienen taugen. Bis zum Ende vom Studium konnte ich noch beim Funk bleiben, doch dann gab es keine Verwendung mehr für mich.Man hat mir zwar noch ein Volontariat angeboten, doch da hätte ich wieder bei Null, beim Kleintierzüchterverein zum Beispiel, anfangen müssen mit einem kleinen Ausbildungsgehalt – das wäre finanziell schon gar nicht möglich gewesen.

Das Studium habe ich dann mit einem guten Schnitt nach 9 Semestern abgeschlossen – ich habe gerade mal 1 Semester länger gebraucht wie vorgesehen. Unter den Umständen war ich da mehr wie stolz darauf.

An die Stellensuche nach der Uni bin ich dann schon etwas „frustriert“ rangegangen. Ist mir doch schon wieder ein Traumjob vor der Nase zerplatzt. Und ich musste feststellen, dass viele Jobs für Berufseinsteiger nichts für mich waren. Ich war es gewohnt, selbständig und eigenverantwortlich zu arbeiten. Für Grosskonzerne oder eine Behörde bin ich nicht geschaffen. Das trubelige Umfeld beim Funk hat mir gut gefallen und dort wurde es nie langweilig.
Gelandet bin ich dann bei der Zeitarbeit – nein nicht als Zeitarbeiterin – sondern als Disponentin für kaufmännisches Personal. In einer Zeitarbeitsfirma muss man schnell Verantwortung übernehmen, es ist nie langweilig, man weiss morgens nie, was bis abends so alles passiert und der Job ist abwechslungsreich.

Die Fluktuation in der Zeitarbeitsbranche ist hoch – auch bei den Disponenten. Und so wurde ich fast noch in der Einarbeitungszeit zu einem „Feuerwehreinsatz“ in eine andere Niederlassung geschickt – "schauen Sie mal nach, was da los ist" – die scheinen in der Klemme zu stecken. Das war wahrlich untertrieben – das gesamte Disponenten-Team für den kaufmännischen Bereich hat gekündigt und/oder war krank. Ich sass dann also alleine im Büro. Und nun? Ich wurde mehr oder weniger ins kalte Wasser geschmissen und musste schauen, die Situation zu meistern. Was für MItarbeiter haben wir eigentlich? Wo sind die eingeplant? Welcher Auftrag läuft wann aus? Wer sind unsere Kunden ? Das war Learning bei Doing. Und war auch nicht mein letzter Einsatz dieser Art.

Der Umgang mit „meinen“ Mitarbeitern hat mir viel Spass gemacht, ich hatte ein recht gutes Händchen bei der Stellenbesetzung, was sowohl die Mitarbeiter als auch die Kunden zu schätzen wussten. Mit „meinen“ Mitarbeitern bin ich (fast) immer fair umgegangen. Das war mir immer wichtig – Zeitarbeit kann manchmal ganz schön brutal sein. Doch für viele Mitarbeiter, die sich selber nicht so gut präsentieren können oder einen etwas „krummen“ Lebenslauf haben, kann Zeitarbeit und ein guter Disponent eine echte Chance sein.

Wie in vielen anderen Firmen auch, zählen hier letztendlich nur die Zahlen, das was am Monatsende als Umsatz gemacht wurde. In den ersten Jahren hat mich die Führungsriege selbständig arbeiten lassen. Für sie hat das Ergebnis gezählt und das hat meistens gestimmt. Immer wieder wurden mir neue Disponenten zur Einarbeitung geschickt.

Und dann kam es zu grossen personellen Veränderungen in der Führungsriege. Und all das, wofür mich die alte Geschäftsleitung so geschätzt hat, nämlich mein selbständiges und eigenverantwortliches Arbeiten, war plötzlich nicht mehr gefragt. Die neue Geschäftsführerin hat mir dann sogar persönlich gezeigt, wie ich in Zukunft die Ordner anzulegen, zu beschriften und zu befüllen hätte. Und sie hat mir „angedroht“, das auch zu überprüfen in Zukunft. Und so hat es nicht lange gedauert, dass wir uns im gegenseitigen Einvernehmen trennen. Ich sollte bis zum Ende meiner Kündigungsfrist aber weiterarbeiten.
Als ich dann allerdings aus den Ferien zurückgekommen bin, war plötzlich mein Rechner gesperrt, die Geschäftsleitung hat angerufen und mich mit sofortiger Wirkung freigestellt.

 

 

Tja, das war es dann wohl……

Oder doch nicht? In der Zeitarbeit kennt man sich und schnell sind die ersten Job-Angebote reingekommen. Eines hat mich besonders angesprochen: eine kleine, familiär geführte Zeitarbeitsfirma in der Ecke, in der ich zuletzt tätig war. Somit kannte ich also das Gebiet und auch schon viele Kunden. Die Geschäftsführer haben sich aus dem operativen Geschäft zurückgezogen, ich sollte den kaufmännischen Bereich aufbauen und dann selbständig und eigenverantwortlich führen, wurde am Umsatz beteiligt. Für den gewerblichen Bereich war jemand anders verantwortlich, mit ihm hätte ich aber nichts zu tun. Das Angebot war einfach zu verführerisch und ich habe zugesagt. Die Kunden waren froh, dass ich sie wieder betreut habe, viele Mitarbeiter sind zu mir gewechselt.
Als ich dann angefangen habe, war die Situation eine völlig andere, wie besprochen – der gewerbliche Kollege ist inzwischen unter „mysteriösen Gründen“ gekündigt worden und ich sollte dann diesen Bereich zusätzlich übernehmen – eine Neueinstellung war nicht geplant. Mit den Kunden sollte ich nicht darüber reden. Rückblickend hätten da bei mir schon die Alarmglocken schrillen sollen – dass ich dort angefangen habe, war von vorneherein zum Scheitern verurteilt. Mit dem gewerblichen Bereich für Facharbeiter bin ich nie so richtig warm geworden und mit dem kaufmännischen Bereich hatte ich alle Hände voll zu tun. Die (Umsatz-) Erwartungen konnte ich nicht erfüllen, der Umgangston wurde rauer und es hat auch immer weniger menschlich gepasst. Schliesslich war ich dann richtiggehend erleichtert, als ich die Kündigung bekommen habe. Und nun?

 

 

Wie geht es jetzt weiter?

Ich wurde sofort freigestellt – mal wieder – den Firmenwagen durfte ich erst einmal behalten, das Gehalt wurde weiterbezahlt und ich hatte nun 4 Monate Zeit, um einen neuen Job zu finden.

Natürlich bekam ich einige Angebote aus der Zeitarbeitsbranche. Doch ich musste jetzt erst einmal wieder meine Wunden lecken. Ich war gescheitert und am Boden zerstört. Musste mich wieder sammeln und schauen, was ich für die Zukunft will – habe ich überhaupt noch eine Zukunft? Inzwischen war ich schon über 40 und da wird es schon schwierig noch einen Job zu finden. Zeitarbeit wollte ich nicht mehr machen. Man kann ein, vielleicht zwei Mal wechseln, dann wird man unglaubhaft und das wollte ich nicht.

Also musste ich mal wieder einmal den Lebenslauf auf Vordermann bringen, neue Bewerbungsfotos machen lassen und die Stellenanzeigen durchforsten. Die Wirtschaft lief gerade nicht so gut und es gab eher wenig Jobangebote. Ich habe jede Menge Bewerbungen geschrieben, viele Absagen bekommen, aber auch einige Vorstellungsgespräche. Zum Schluss gab es tatsächlich zwei Angebote: Einmal in der Personalabteilung einer Krankenversicherung und als Niederlassungsassistentin in einer Schweizer Softwarefirma für Krankenversicherungen (haha) mit Niederlasssung in Stuttgart.

Das grosse Los

Das Vorstellungsgespräch verlief super, das zweite Treffen mit dem Team hat auch gepasst, so habe ich mich also für die Niederlassungsassistenz entschieden.

Gleich am 1. Arbeitstag musste ich mich entscheiden, ob ich mit zur Weihnachtsfeier fahre – nach St.Gallen in die Schweiz. Oh my god! Ich hasse Weihnachtsfeiern und dann auch noch mit Kollegen, die ich alle gar nicht kenne. Aber: da muss ich wohl durch.

Und was soll ich sagen? Das war die geilste Firmen-Weihnachtsfeier ever. Die Schweizer können einfach feiern. Nach dem offiziellen Teil sind wir alle noch in die Disco gegangen – die abgefuckteste Location, die ich je gesehen habe (ausser der Mausefalle in Stuttgart vielleicht – manche kennen sie vielleicht noch). Gespielt wurde gerade „Aber bitte mit Sahne“, danach dann AC/DC oder so. Das war dann der Beginn einer langen Freundschaft - sowohl mit den Kollegen als auch mit der Firma.

Die Firma war einfach toll, der Umgang untereinander war kollegial, die Zusammenarbeit mit den Kollegen war von Vertrauen und Wertschätzung geprägt – all das, was ich bei der Zeitarbeit vermisst habe – und mein Aufgabengebiet kam mir auch entgegen: Ich sollte beim Aufbau einer Partnerlandschaft helfen und dann die eingesetzten Mitarbeiter verwalten.

Zusammen mit meinem damaligen Chef war ich dann mehrere Male in St.Gallen dabei. Er hat mich überall vorgestellt – so viele nette Kollegen – und eingeführt. „Oh nein, nicht schon wieder so aufgeblasene Consultants und Wichtigtuer“ war zwar mein erster Gedanke. Doch schnell bin ich mit allen warm geworden – ich bin so herzlich aufgenommen worden. Ich war glücklich, wieder einen Job gefunden zu haben, der mir Spass macht, eine Firma, in der ich mich wohl fühle.

 

 

Dann ist mir mein Chef abhanden gekommen

Und dann wurde mein Chef krank – lange krank – und ist schliesslich gegangen. Und ich sass da und wollte nicht, dass schon wieder ein Traum zerplatzt, ich schon wieder einen neuen Job suchen musste. Die Firma und alles drumherum hat mir so gut gefallen, hier wollte ich bleiben.

In der Schweiz hatte ich nicht wirklich einen Ansprechpartner, die waren auch irgendwie mehr mit sich selber beschäftigt. So habe ich erst einmal das gemacht, was ich wohl immer mache, wenn ich auf mich selber gestellt bin: Ich habe die Ärmel hochgekremelt und einfach mal gemacht: Ich habe mich um die Belange der Niederlassung gekümmert, ich habe mich um das ganze Partnermanagement gekümmert, habe mich immer angeboten, wenn es was zu tun gab. Ich war mir für nichts zu schade, wollte einfach nur in der Firma bleiben. So hatte ich viel Kontakt in die Schweiz und natürlich darf man auch die vielen tollen Feste und Events nicht vergessen, wo man auch die Kollegen kennenlernen konnte, mit denen man sonst nichts zu tun hat.

So nach und nach habe ich mir dann eigene Aufgabenbereiche erarbeitet: Ich habe im Projektmanagement geholfen, ich habe den neuen Partnermanager unterstützt, habe im Marketing ausgeholfen und auch weiterhin das Office in Stuttgart gemanaged.

Und dann habe ich endlich einen ersten richtigen Arbeitsbereich bekommen: Ich sollte die komplette Administration der Academy übernehmen. Als wir dann so langsam angefangen haben, die Kurse auf das „Flipped Classroom Konzept“ umzustellen, also der Umstellung von Vor-Ort-Kursen auf Online-Kurse, war ich massgeblich an der Produktion der Videos beteiligt. Meine Schneidekenntnisse vom Funk haben da sehr geholfen.

Und ich habe dann noch das operative Partnermanagement übertragen bekommen: Was als Urlaubsvertretung gedacht war, hat so gut funktioniert, dass ich das nun selbständig übernehmen konnte.

Der Anfang vom Ende

Eigentlich war ja alles gut – ich war zufrieden mit meiner Tätigkeit und man war auch zufrieden mit mir. Doch die Projekte wurden weniger, die Kunden auch - so haben wir auch immer weniger Mitarbeiter eingestellt – im Gegenteil – und so mussten wir immer mehr Kurse absagen, weil es nicht genügend Teilnehmer gab. Gleichzeitig ging auch die Zahl der externen Mitarbeiter zurück. Ich hatte immer weniger zu tun.

Als ich dann im Herbst 2024 kurzfristig zu einem Gespräch mit meinen Vorgesetzten eingeladen wurde, habe ich schon das Schlimmste befürchtet – die Kündigung. Ich habe einfach nicht mehr genügend zu tun gehabt.

Doch mir wurde ein Angebot gemacht, das ich mal wieder nicht ausschlagen konnte: Ich sollte den Projektmanager im Projektmanagement-Office unterstützen. Uff – das habe ich noch nie gemacht, kann ich mir aber gut vorstellen. Also habe ich die Abteilung gewechselt und bin tatkräftig ins PMO gestartet: Habe mich wieder in Excel eingearbeitet, habe mit Begeisterung ein neues Tool mit aufgebaut (BigPicture) und habe meinen Projektmanager so gut wie möglich unterstützt. Wow, was für eine Chance. Das war einfach nur spannend.

 

 

Da sind wir wieder

Ganz am Anfang habe ich ja geschrieben, dass wir ganz glücklich waren mit unserem Leben – das war so vor einem Jahr oder so.

Hansi ist dann nämlich krank geworden: Burnout/Depressionen – könnte aber auch LongCovid sein. Totale Erschöpfung, überhaupt nicht belastbar. Im Moment sieht es nicht so aus, als ob sich das zeitnah ändert. Im September läuft das Krankengeld aus, dann wird er wohl „ausgesteuert“ – ja so heisst das – und bekommt Arbeitslosengeld und/oder muss Erwerbsminderungsrente beantragen. Zusätzlich bedeutet das natürlich auch finanzielle Einbussen. Damit kommen wir sicher hin – schliesslich habe ich ja noch einen gutbezahlten und sicheren Job. Dachten wir.

Dann kam nämlich der „Schwarze Mittwoch“, der Tag an dem meine Firma das Projektende bekanntgegeben hat und alle Projektmitarbeiter - insgesamt 72 - betriebsbedingt gekündigt hat – mich auch. Und plötzlich hat sich das ganze Leben geändert…….

Und was das aus uns macht, das möchte ich im Blog erzählen